Reise- und Arbeitsbericht

09.10.12

des reisenden Wandergesellen “ Piper Florian, rfrd Zimmerer”

Mein Name ist Florian Piper. Ich bin 21 Jahre und komme von der schwäbischen Ostalb bzw. Aalen. Als stolzer rechtschaffener fremder Zimmermann reise ich, nach altem Brauch, durch die Welt, um mein Handwerk zu verfeinern und fremde Kulturen und Menschen kennenzulernen.

So kam es dazu, das ich im Allgäu eine äußerst interessante und vielfältige Arbeit fand.

Es war Anfang März, als ich die Schweiz verließ und wieder nach Deutschland kehrte. Wohin ich gehen wollte, wußte ich noch nicht. Da der Winter das Land noch fest im Griff hatte, standen die Chancen eine Arbeit zu finden, gering. Also dachte ich, wandere ich ein bißchen durchs Allgäu und genieße die Landschaft. So tippelte ich gemütlich an der Straße entlang und schaute mir die Gegend an. Langsam begann der Tag zur Nacht zu werden und ich versuchte nun per Anhalter in die nächste größere Stadt zu kommen, in der Hoffnung einen wenigstens überdachten Schlafplatz zu finden. Da stand ich also an der Straße, das Jacket geschlossen, den Nacken tief eingezogen und den Daumen raus.

Minute um Minute verging und kein Auto hielt an. So langsam sanken die Temperaturen tiefer und der Wind wurde schnittiger. Allmählig mußte ich mir einen Plan B ausdenken für den Fall, nicht mitgenommen zu werden. Der Verkehr wurde weniger und somit auch die Aussicht auf die nächste Stadt. Von weitem sah ich ein Auto die Schneematsch bedeckte Straße langfahren, und dachte ein letzter Versuch kann nicht schaden. Vom Fernlicht geblendet konnte ich nur einen weißen Lieferwagen erkennen, welcher den Blinker gesetzt hatte. Gott sei Dank, das erste Auto seit Stunden, das anhält. Der Fahrer ließ die Scheibe herab und fragte wohin ich wollte, und ich sagte ihm in die nächste Stadt. Ich solle doch einsteigen, denn mein Ziel lag auf seinem Weg. Auf der Fahrt erzählte ich ihm wer ich bin und was ich mache, da er sehr interessiert nachfragte. Der Fahrer selbst war Schreinermeister, Gastronom und Landwirt in einem! Und so kam es das er mich fragte, ob ich denn auf der Suche nach Arbeit bin. Da spitzte ich meine Ohren und fragte ob er wohl welche hätte bzw jemanden kannte.

Aufgrund der wachsenden Besucherzahlen in seiner Gastwirtschaft, benötigte er ein zweites Haus um die Gäste unterzubringen. Jedoch sollte es kein gewöhnliches Haus werden, sondern eine Blockhütte aus ganzen Baumstämmen. Ohne zu zögern fragte ich, wann es losgehen kann und erzählte ihm, dass es schon immer ein Traum war, einmal so ein Gebäude zu bauen. Da bot er mir an, mit zu ihm zu kommen und am nächsten Tag könnte ich anfangen.

Bei ihm zu Hause angekommen zeigte er mir wo ich schlafen kann. Danach bekam ich noch ein Essen und wir unterhielten uns bis spät in die Nacht. Am nächsten Morgen stand ich wie besprochen um 7 Uhr in Arbeitskluft da, und wir besprachen den Arbeitsablauf. Die ersten 3 Tage verbrachten wir damit, im Wald geeignetes Holz zu finden und zu fällen, es aus dem Wald auf den Bauplatz zu bringen, und von Hand die Rinde vom Baum zu schälen. Zum Glück konnten wir auf die tatkräftige Unterstützung der Nachbarn und Freunde meines Chefes zählen, und so war die zähe Arbeit des Schälens früh beendet.

Nach Feierabend saßen dann alle beisamen in der großen Stube und meist wurde bis spät geplant und erzählt. Ein Nachbar hatte einen Kurs belegt, wie man eine solche Blockhütte baut und auf was es zu beachten galt. So begannen wir unter Leitung des Nachbarn, Stamm um Stamm zu bearbeiten, so dass sich einer dem anderen fügte. Mittlerweile hatte ich wieder meine alte Freude zur Landwirtschaft entdeckt, und so kam es, dass ich nun um 6 Uhr in den Stall ging, um die Kühe zu füttern sowie den Esel und die Schafe zu tränken. Einige Schafe hatten Lämmer, welche sie nicht zum saufen an sich heranließen, diese galt es im Stall einzufangen, festzuhalten so dass die Lämmer an die Milch kamen.

Danach begann die eigentliche Arbeit: Stämme auflegen, ausrichten, anzeichnen mit einem speziellen Zirkel und
dann genauestens mit der Motorsäge ausarbeiten. Wir freuten uns ein jedes Mal aufs Neue, wenn die Wände wieder ein Stück wuchsen und genau zusammen paßte. Bevor jedoch für mich wieder Feierabend war mußten erst die Tiere versorgt werden, wobei ich Abends immer Hilfe von den beiden Kindern (7 und 8 Jahre) meines Chefs bekam.

Eines Abends lag ich im Bett und schlief, als ich ein ungewöhnliches Tiergeschrei im Stall hörte. Also stand ich auf, nahm die Taschenlampe und machte mich auf. Als ich die Tür zum Schafsstall öffnete, sah ich schon was der Grund war: Eines der Tiere lag am Boden und atmetete sehr schnell und angestrengt. Kein Wunder wie ich feststellte, den sie war gerade dabei Drillinge auf die Welt zu bringen! Sofort packte ich einen kleinen Strohballen und stieg ins Gehege. Ziemlich aufgeregt begann ich also Geburtshilfe bei einem Schaf zu leisten. Als die drei Lämmer auf der Welt waren stand ich eine lange Weile im Stall und beobachtete die Tiere, und als ich merkte, dass die Mutter ihre Jungen annahm, konnte ich beruhigt weiterschlafen. Am nächsten Morgen erzählte ich natürlich was Nachts los war und mein Chef war sehr verblüfft, das er von der ganzen Sache nichts mitbekommen hatte.

An den Wochenenden wurde auch gearbeitet, zwar selten auf dem Bau, dafür in der Wirtschaft. Da mir kochen und bedienen nicht liegt, fand ich meinen Platz hinter dem Tresen, und der ein oder andere Gast war sehr verblüfft, wer ihm da sein Getränk zapfte. Nach 2 Monaten harter aber schöner und erfahrungsreicher Arbeit stand sie da, die erste Blockhütte bei der ich mit gebaut habe. Das Dach und die Fenster waren fertig, so wurde es höchste Zeit für das Richtfest. Doch damit war auch allen klar, dass es nun für mich wieder Zeit wurde weiterzuziehen. Der Abschied war nicht leicht. Aber das gehört eben dazu wenn man ein reisender Handwerksgeselle ist.

Ich habe in der Zeit nicht nur gelernt, wie man eine Blockhütte baut oder plant. Sondern auch was es bedeutet, wenn man sich auf Freunde verlassen kann. Der Sohn meines Chefs beherrscht mittlerweile den traditionellen Zimmermannsklatsch, welchen wir Wandergesellen immer noch praktizieren!

Piper Florian, rechtschaffener fremder Zimmerer

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